Jüdische Gemeinde Westheim bei Haßfurt, heute ein Ortsteil der Gemeinde Knetzgau
1933 lebten in Westheim bei Haßfurt 43 jüdische Bürgerinnen und Bürger, darunter fünf schulpflichtige Kinder. Eine jüdische Gemeinde im Ort war jedoch bereits im 18. Jahrhundert entstanden. 1817 bestand sie aus 25 jüdischen Haushalten. Über weite Teile des 19. Jahrhunderts zählte die jüdische Gemeinde gut 100 Personen, deren Zahl danach zurückging.
Die Repressionen des NS-Systems und die Wirtschaftsboykotte seit 1933 trafen auch die Westheimer Jüdinnen und Juden. Sieben Gemeindemitglieder verließen den Ort in den ersten fünf Jahren. Ebenfalls sieben wanderten zwischen 1938 und 1941 in die USA und zwei nach England aus – fast alle erst nach den gewaltsamen Ausschreitungen des Novemberpogroms. Zwei Jugendliche zogen im Frühjahr 1939 fort für eine landwirtschaftliche Ausbildung. Von dort konnten sie wenig später nach Palästina auswandern. Acht Personen starben zwischen 1933 und 1942 im Ort. Die verbliebenen jüdischen Bewohner mussten im September 1940 ihre Häuser aufgeben und in einem einzigen Gebäude zusammenziehen. Dort wurden ein Jahr später auch noch vier Personen aus Haßfurt eingewiesen.
Zwölf Menschen aus der jüdischen Gemeinde wurden im April 1942 nach Würzburg gebracht, ebenso die vier Haßfurter:innen. Sie wurden nach Krasniczyn im besetzten Polen deportiert. Zwei weitere Personen mussten im Juni in ein Sammelquartier in Würzburg umziehen, die letzten drei Ende Juni 1942 nach Schweinfurt. Sie wurden alle im September nach Theresienstadt verschleppt. Demnach wurden 17 Personen, die 1933 in Westheim gelebt hatten, aus Unterfranken deportiert. Niemand überlebte. Bis zu vier weitere Menschen könnten von auswärts deportiert worden sein. Ihr Wohnort 1933 ist jedoch nicht sicher. Westheim hat also mindestens 17 und bis zu 21 Opfer der Shoa zu beklagen, darunter eine Jugendliche.
Der Koffer in Westheim erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden des Ortes. Ein zweiter Koffer steht in Würzburg und bildet zusammen mit den Gepäckstücken anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.
Informationen zum Standort des Koffers in Westheim folgen zu gegebener Zeit.
Ausführliche Informationen zur jüdischen Gemeinde Westheim bei Haßfurt
Quellen zu den Gemeindeartikeln
© JSZ, Recherche und Text: Nathalie Jäger & Rotraud Ries
Shoa-Opfer, die 1933 in Westheim bei Haßfurt gewohnt hatten
Helene Frank, geb. Zeilberger (1888 – 1942)
Hannchen Frankenfelder, geb. Lippstädter (1890 – 1942)
Wolf Frankenfelder (1862 – 1942)
Gertrud Mahler, geb. Reis (1871 – 1942)
Samson Mahler (1876 – 1944)
Josef Pulfer (1884 – 1942)
Sofie Pulfer (1882 – 1942)
Berta Pulfer, geb. Wolfromm (1878 – 1942)
Emma Pulver, geb. Joseph (1890 – 1942)
Leopold Sündermann (1877 – 1942)
Isidor Sündermann (1872 – 1942)
Luise Sündermann, geb. Lehmann (1876 – 1942)
Rosa Sündermann, geb. Zeilberger (1877 – 1942)
Jakob Schwarz (1890 – 1942)
Selma Schwarz, geb. Pulver (1890 – 1942)
Martha Schwarz (1924 – 1942)
Babette Ullmann (1881 – 1942)