Jüdischer Wohnort Wechterswinkel, heute ein Ortsteil der Gemeinde Bastheim

1933 wohnte in Wechterswinkel eine vierköpfige jüdische Familie – Jahrhunderte, nachdem 1699 zum ersten Mal eine jüdische Familie mit acht Mitgliedern in Wechterswinkel genannt wird. Diese lebte mit ihren Bediensteten in dem Ort, der aus einem ehemaligen Zisterzienserkloster mit Nebengebäuden und Gutshof bestand und dessen Einkünfte vom Würzburger Fürstbischof verwaltet wurden.

Seit 1914 war der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Ernst Lewy (1881 – 1966) mit seiner Frau Hedwig sowie den Kindern Esther (geb. 1911) und Georg (geb. 1922) in der früheren Propstei von Wechterswinkel ansässig. Tochter Esther, die den nichtjüdischen Schriftsteller Klaus Britz geheiratet hatte, übernahm 1932 das Gebäudeensemble. 1937 emigrierte Ernst Lewy mit Ehefrau und Sohn aufgrund des wachsenden Verfolgungsdrucks nach Irland. Die inzwischen geschiedene Esther Britz folgte ein Jahr später, nachdem sie von den Nationalsozialisten zum Verkauf des Anwesens gezwungen worden war.

Seit der Flucht der Familie Lewy vor den Nationalsozialisten gab es keine jüdischen Bewohner mehr in Wechterswinkel. Immerhin kam niemand von ihnen ums Leben, Wechterswinkel hat keine Opfer der Shoa zu beklagen. Heute wird das ehemalige Kloster Wechterswinkel als Kulturzentrum sowie als Ausstellungs- sowie Veranstaltungsraum für Kunst und Kultur genutzt.

 

 

Die Gemeinde Bastheim, zu der Wechterswinkel gehört, beteiligt sich mit drei Gepäckstücken am Projekt „DenkOrt Deportationen“. Die lokalen Gepäckstücke erinnern an die jüdische Gemeinde Reyersbach, an die jüdische Familie in Wechterswinkel sowie an die deportierten Jüdinnen und Juden von Bastheim. Der dritte Koffer befindet sich in Würzburg und bildet zusammen mit denen anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.

Angaben zum Standort des DenkOrts in Bastheim und des Koffers in Reyersbach folgen zu gegebener Zeit.

Ausführliche Informationen zur jüdischen Gemeinde Bastheim
Quellen zu den Gemeindeartikeln

© JSZ, Recherche und Text: Nathalie Jäger & Rotraud Ries, 2025; mit Unterstützung von Elisabeth Böhrer