Jüdischer Wohnort Wernarz, heute ein Ortsteil von Bad Brückenau

1933 zählte Wernarz 14 jüdische Bewohner, die zur Kultusgemeinde im nahegelegenen Brückenau gehörten. In der bis 1939 selbständigen politischen Gemeinde in unmittelbarer Nachbarschaft des Staatsbades hatten sich am Ende des 19. Jahrhunderts zwei streng rituell geführte Hotels etabliert, die für ihre Gäste auch jeweils eine Privatsynagoge führten. Während der Saison arbeitete hier jüdisches Personal von auswärts, das bei den folgenden Zahlenangaben nicht berücksichtigt wird.

Trotz des wachsenden Verfolgungsdrucks verließen die in Wernarz lebenden Jüdinnen und Juden ab 1933 nur zögerlich den Ort. Dazu gehörte eine Person, die schon bald fortzog und ein Mann, der im Juni 1939 nach England emigrieren konnte und von dort später in die USA. Frau und Tochter musste er zurücklassen. Zwei Frauen starben 1936 und 1940 im Ort. Der Witwer der zweiten, einer der Hoteliers, verließ wenig später Wernarz und zog zu seinen vier Töchtern nach Frankfurt a.M. Dorthin war auch bereits eine weitere Verwandte geflohen. Vermutlich wurde die ganze Familie von dort deportiert und ermordet – offizielle Belege dafür gibt es aber kaum. Ein Verwandter erinnert jedoch mit Gedenkseiten in Yad Vashem an sie. Die andere Hoteliersfamilie blieb in Wernarz, bis sie im März 1942 zunächst nach Würzburg in die Sammelunterkunft in der Bibrastraße 6 ziehen musste. Von dort wurden sie im April des gleichen Jahres nach Kraszniczyn im besetzten Ostpolen bzw. im September nach Theresienstadt deportiert. (Die Liste der hier angezeigten Namen ist nicht aktuell.) Somit sind für Wernarz mindestens sechs, vermutlich jedoch eher zehn Opfer der Shoa zu beklagen, darunter fünf Kinder und Jugendliche.

Die Gemeinde Bad Brückenau beteiligt sich mit zwei Koffern am Projekt „DenkOrt Deportationen“. Das lokale Gepäckstück erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden aus Bad Brückenau und damit auch aus Wernarz. Ein zweiter Koffer befindet sich in Würzburg und bildet zusammen mit denen anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zum “DenkOrt” und zu den Deportationen.

Angaben zum Standort des Koffers in Bad Brückenau folgen zu gegebener Zeit.

Ausführliche Informationen zur jüdischen Gemeinde Bad Brückenau
Quellen zu den Gemeindeartikeln

© Recherche und Text: Nathalie Jäger & Rotraud Ries, 2025

Shoa-Opfer, die 1933 in Wernarz gelebt hatten

Emilie Heimann, geb. Strauß (1874 – 1943)
Josef Kaufmann (1872 – 1943)
Sara Kaufmann, geb. Goldschmidt (1877 – 1943)
Ilse Judith Schönfärber (1935 – 1942)
Martha Schönfärber, geb. Kaufmann (1901 – 1942)
Evelyn Strauß (1927 – unbekannt)
Hanna Strauß (1923 – unbekannt)
Martha Strauß (1925 – unbekannt)
Siegfried Strauß (1881 – unbekannt)
Susi Strauß (1925 – unbekannt)