Grundinfo zu den jüdischen Gemeinden, den Deportationen und zum „DenkOrt“

 

Zu Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 lebten etwa 8 500 jüdische Bürgerinnen und Bürger im heutigen Unterfranken. Bereits seit mehr als 800 Jahren zählten sie zu den Bewohnern der Region und gehörten aktuell 109 jüdischen Kultusgemeinden an. Die Gemeinden verfügten jeweils über eine Synagoge oder einen Betraum und unterhielten ein rituelles Tauchbad. Friedhöfe wurden von mehreren Gemeinden genutzt. Speziell ausgebildete Lehrer sorgten für den (Religions-)Unterricht der Kinder und die Bewahrung der jüdischen Traditionen, indem sie vor Ort die kultischen Handlungen vornahmen. Die Region war in sechs Distriksrabbinate unterteilt, denen je ein Rabbiner vorstand.

Der nationalsozialistische Staat, seine Organe und seine Amtsträger sorgten ab 1933 mit brutaler Gewalt dafür, die jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner zu entrechten, zu berauben, zu vertreiben und zu vernichten. Ihre Kultusgemeinden wurden zerschlagen. Die Zivilgesellschaft setzte dem wenig entgegen, viele Bürger und Bürgerinnen machten mit oder sahen einfach zu. Wenige halfen im Verborgenen.

Jüdinnen und Juden in den unterfränkischen Kommunen wurde durch die Wirtschaftsboykotte die Lebensgrundlage entzogen, sie mussten Geschäfte und Wohnhäuser unter Wert verkaufen. Mit brutaler Gewalt tobten sich die NS-Vertreter und ihre Mitläufer im Novemberpogrom gegen die jüdischen Gemeinden, ihre Mitglieder und ihren Besitz aus, fast alle Männer wurden verhaftet, viele ins KZ geschickt. Unter diesem Druck verließen viele Verfolgte spätestens jetzt zunächst ihre Wohnorte und manche die Region. Ein Teil von ihnen konnte – meist mittellos – in andere Länder fliehen, andere zogen in größere Städte innerhalb Deutschlands. Gut 2 000 waren 1941 noch übrig, als die Massendeportationen in Franken einsetzten. Zwischen November 1941 und Dezember 1944 deportierte der NS-Staat 2 069 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus Unterfranken. Ziele waren die Durchgangs- und Vernichtungslager im besetzten Osteuropa: in Riga, im Raum Lublin in Ostpolen, in Theresienstadt und Auschwitz. Nur 63 jüdische Unterfranken überlebten die Lager. Wenige andere waren nicht deportiert worden, weil sie mit nichtjüdischen Partnern oder Partnerinnen verheiratet waren oder ein nichtjüdisches Elternteil hatten.

Der „DenkOrt“ möchte als Gedenkstätte für ganz Unterfranken an die jüdischen NS-Opfer erinnern. Die Gepäckstücke des Denkmals kommen aus den Kommunen, in denen sie 1933 lebten und in denen es eine jüdische Gemeinde gab. Ein zweites Gepäckstück steht in der jeweiligen Kommune. Nach der dritten Aufstellung von Gepäckstücken im Juni 2023 sind am DenkOrt 88 von 109 ehemaligen jüdischen Gemeinden repräsentiert.

Die DenkOrt-Webseite bietet unter „Orte & Menschen“ Namen und kurze Biographien zu allen aus Unterfranken deportierten Menschen. Sie sind ihrem Wohnort im Jahr 1933 zugeordnet. Nicht alle Zordnungen sind jedoch noch aktuell. Informationen zu den Menschen, die 1933 in Unterfranken gelebt hatten und von auswärts deportiert oder individuell verfolgt wurden, sollen in den nächsten Jahren folgen.