Jüdischer Wohnort Ochsenfurt

1933 lebten in Ochsenfurt nur zwei jüdische Personen, die mit nichtjüdischen Partnern verheiratet waren, und es gab keine jüdische Gemeinde. Lediglich im Mittelalter hatte das anders ausgesehen, als die Gemeinde 1298 und 1336 Opfer der grassierenden Pogromwellen wurde. Jahrhundertelang gab es nach dem 14. Jahrhundert keine jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner mehr. Erst nach 1861, als den Juden in Bayern die freie Wohnortwahl ermöglicht wurde, änderte sich das und einzelne Familien zogen zu. Zwei bedeutendere jüdische Unternehmen siedelten sich an. Doch es sollte keine Kultusgemeinde mehr entstehen. Im Jahr 1910 lebten fünf jüdische Personen in der Stadt.

In der NS-Zeit waren es zwei jüdisch-christliche Paare. Ein Unternehmerpaar wurde von SA-Schlägern unter anderem im Rahmen des Novemberpogroms so lange bedroht, bis es die Stadt verließ und nach Nürnberg zog. Ihre große Malzfabrik wurde 1938 „arisiert“. Ihre beiden Kinder emigrierten wohl. Das Paar überlebte und kehrte 1945 nach Ochsenfurt zurück. Die nach NS-Kriterien jüdische Frau des anderen Paares, Hanna Sieber, geb. Michel, wurde 1938 während ihrer Schwangerschaft wegen angeblicher „Rassenschande“ angeklagt. Das war ein verbreiteter Vorwand, um jüdische Menschen zu drangsalieren. Ein Bekannter Siebers war von seinem Vater denunziert worden, mit ihr intim geworden zu sein. Auch er landete im Gefängnis und wurde verurteilt. Wenige Monate nach der Entbindung wurde die Frau verhaftet, 1939 im KZ Ravensbrück interniert und 1942 in der Tötungsanstalt Bernburg ermordet. Ochsenfurt hat mit ihr ein Opfer der Shoa zu beklagen.

Der Artikel entstand in Zusammenhang mit dem Projekt DenkOrt Deportationen, an dem die Stadt Ochsenfurt nicht beteiligt ist, weil es dort keine jüdische Gemeinde gab. Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”

Ausführliche Informationen zur jüdischen Gemeinde Ochsenfurt 
Quellen zu den Gemeindeartikeln

© Recherche und Text: Rotraud Ries, mit Unterstützung von Achim Fischer und Joachim Braun

Shoa-Opfer, das 1933 in Ochsenfurt gelebt hatte

Johanna Sieber, geb. Michel (1906 – 1942)