Jüdische Gemeinde Aidhausen

1933 lebten in Aidhausen 23 jüdische Bürgerinnen und Bürger. Die Wurzeln ihrer Gemeinde reichen zurück bis ins 16. Jahrhundert. Nach sporadischen Belegen wird sie um 1700 greifbar, als unter dem Schutz mehrerer Herren bis zu 50 Personen in acht Haushalten lebten. Wenig später baute die Gemeinde mitten im Ort eine Synagoge. Ende des 18. Jahrhunderts wurden 54 Personen in 13 Häusern gezählt. Kurz zuvor waren die Familien immer wieder von jungen Männern aus dem Dorf überfallen und angegriffen worden. Auch im 19. Jahrhundert mit seinen rechtlichen und wirtschaftlichen Veränderungen blieb die Anzahl der jüdischen Familien recht konstant, schwankte zwischen elf und 14 Haushalten mit bis zu 76 Personen. Im 20. Jahrhundert ging sie durch Abwanderung deutlich zurück.

Repressionen und wirtschaftliche Boykotte veranlassten Jüdinnen und Juden in Aidhausen wie anderswo, sich um eine Fluchtmöglichkeit in ein sicheres Auswanderungsland zu kümmern. Zehn Personen gelang es zwischen 1935 und 1939 insgesamt zu emigrieren, und zwar in die USA (7), nach Palästina (2) und Großbritannien (1). Bis zu drei Personen zogen zu. Ein Pogrom fand in Aidhausen bereits im Oktober 1938 statt: die Täter schlugen Fensterscheiben an den Häusern der jüdischen Familien ein. Nach dem Aufbruch der Synagoge zerstörten sie auch dort die Fenster und schändeten Ritualien. Im Novemberpogrom einen Monat später setzten Randalierer dieses Werk fort und demolierten nun auch den Besitz der jüdischen Familien.

Von den 16 jüdischen Bürgern, die im Februar 1942 noch im Ort lebten, wurden elf im April 1942 über Würzburg nach Krasniczyn ins besetzte Ostpolen deportiert. Die übrigen fünf mussten im Sommer in ein Sammelquartier in Schweinfurt umziehen und wurden von dort im September nach Theresienstadt abtransportiert.

So wurden 16 jüdische Bürgerinnen und Bürger, die 1933 in Aidhausen gelebt hatten, aus Unterfranken deportiert. Da eine Frau überlebte, hat Aidhausen 15 Opfer der Shoa zu beklagen, darunter drei Kinder. Das jüngste war nicht einmal ein Jahr alt.

Ein Gepäckstück in Aidhausen erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden des Ortes. Ein zweites steht in Würzburg und bildet zusammen mit denen anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.

Informationen zum Standort des Gepäckstücks in Aidhausen folgen zu gegebener Zeit.

Ausführlichere Informationen zur jüdischen Gemeinde Aidhausen
Quellen zu den Gemeindeartikeln

© Recherche und Text: Rotraud Ries

Shoaopfer, die 1933 in Aidhausen gelebt hatten

Babette Ackermann, geb. Rosenfelder (1884 – 1942)
Bella Ackermann (1939 – 1942)
Brunhilde Ackermann, geb. Luchs (1915 – 1942)
Herbert Ackermann (1907 – 1942)
Lana Ackermann (1941 – 1942)
Max Ackermann (1876 – 1942)
Edgar Kleinhäuser (1932 – 1942)
Josef Kleinhäuser (1894 – 1942)
Paula Kleinhäuser, geb. Stein (1902 – 1942)
Abraham Kuhn (1868 – 1942)
Abraham Kuhn (1866 – 1943)
Amalie Kuhn, geb. Schloss (1878 – 1942)
Nathan Kuhn (1904 – 1942)
Ottilie Kuhn (1898 – 1942)
Louis Stein (1872 – 1944)

Überlebende
Frieda Stein, geb. Rau (geb. 1875)