Jüdische Gemeinde Frankenwinheim
Im Jahr 1933 lebten in Frankenwinheim 54 jüdische Bürgerinnen und Bürger. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts hatte eine jüdische Gemeinde im Ort bestanden, die bis zum Jahr 1837 auf 100 Personen angewachsen war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Anzahl der Gemeindemitglieder leicht zurück, bis sie schließlich 1910 auf 58 Personen absank. Kurz darauf schlossen sich die Mitglieder der aufgelösten jüdischen Gemeinde Lülsfeld der Frankenwinheimer Gemeinde an.
Infolge der zunehmenden Repressionen durch das NS-Regime verließen vor allem in den Jahren 1937 und 1939 jüdische Bewohnerinnen und Bewohner den Ort. Zwölf zogen (zunächst) innerhalb Deutschlands um, weitere flohen ins Ausland. Gleichzeitig wurden drei Kinder geboren und wenige Personen zogen zu. Mindestens drei Menschen starben im Ort, ein Mann beging aus Verzweiflung Suizid. Zwei Frauen, Mutter und Tochter wurden seit 1938 wegen angeblicher Rassenschande individuell verfolgt und schließlich im Jahr 1942 ermordet. Insgesamt zogen innerhalb Deutschlands 20 Personen um, von denen etwa die Hälfte noch auswandern konnte, während 22 Menschen direkt ins Ausland emigrierten, so etwa in die USA (12), in die Schweiz (4) und in die Niederlande (1).
17 jüdische Bürgerinnen und Bürger, die 1933 in Frankenwinheim gelebt hatten, wurden direkt aus Unterfranken deportiert – 13 von ihnen im April 1942 direkt aus Frankenwinheim. Vier Menschen transportierte der NS-Staat im September 1942 nach Theresienstadt. Zwei Menschen wurden von ihrem neuen Wohnort in Deutschland aus deportiert. Niemand überlebte. Zusammen mit den individuellen Verfolgungsfällen ist demnach von insgesamt 22 Opfern der Shoa auszugehen, darunter fünf Kinder und Jugendliche.
Die Gemeinde Frankenwinheim erinnert mit einem Schulranzen an die deportierten Jüdinnen und Juden von Frankenwinheim und von Lülsfeld. Eine zweite Schultasche steht in Würzburg und bildet zusammen mit den Gepäckstücken anderer Kommunen den „DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt“.
Standort des DenkOrts in Frankenwinheim: vor der ehemaligen Schule
Ausführlichere Informationen zur jüdischen Gemeinde Frankenwinheim
Quellen zu den Gemeindeartikeln
© JSZ, Recherche und Text: Nathalie Jäger & Rotraud Ries, mit Unterstützung von Stefan Polster
Shoa-Opfer, die 1933 in Frankenwinheim gewohnt hatten oder seitdem dort geboren wurden
Johanna/Hannchen Durmann, geb. Kolb (1893 – 1942)
Berta Friedmann, geb. Kaufmann (1890 – 1942)
Ethel Friedmann, geb. Bayer (1862 – 1943)
Gerhard Friedmann (1925 – 1942)
Ilse Friedmann (1922 – 1942)
Max Friedmann (1886 – 1942)
Walter Friedmann (1928 – 1942)
Bianca Maria Fries (1915 – 1942)
Sabine Gottlieb, geb. Schild (1859 – 1942)
Emma Hirsch (1890 – 1942)
Isaak Hirsch (1875 – 1943)
Meier Kissinger (1885 – 1938)
Bertha Kolb (1892 – 1942)
Kathi Kolb (1908 – 1942)
Max Kolb (1898 – 1942)
Meta Kolb, geb. Künstler (1902 – 1942)
Regina Kolb, geb. Jakob (1867 – 1942)
Siegbert Kolb (1932 – 1942)
Betty Proskauer, geb. Kissinger (1891 – 1942/1943)
Isbert Wolf (1935 – 1942)
Liebmann Wolf (1896 – 1942)
Selma Wolf, geb. Kolb (1899 – 1942)