Jüdische Gemeinde Marktbreit
Zu Beginn der NS-Diktatur 1933 wohnten 127 jüdische Bürgerinnen und Bürger in Marktbreit. Zur Kultusgemeinde gehörten auch die jüdischen Bewohner:innen von Gnodstadt, Marktsteft und Obernbreit. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Marktbreit reicht bis ans Ende des 15. Jahrhunderts zurück und wurde nur für 80 Jahre ab 1553 unterbrochen. Seit etwa 1700 entstand in der Stadt das Zentrum der schwarzenbergischen Judenschaft mit einem Rabbinatssitz. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Gemeinde einen rasanten Aufschwung durch den Zuzug von Familien aus dem Umland. Sie wuchs bis auf 320 Personen an (1890) – mehr als 13% der Bevölkerung – , um wenig später wieder deutlich zu schrumpfen.
Die Repressionen des NS-Staates bedrohten seit 1933 das jüdische Leben mehr und mehr. Aus anderen Orten zogen 54 jüdische Menschen zu, insgesamt 146 verließen andererseits die Stadt. Nur gut der Hälfte von ihnen gelang es auszuwandern. Nach dem Novemberpogrom 1938 wurden die noch in der Stadt verbliebenen Jüdinnen und Juden alle gezwungen, in das Gebäude der Synagoge zu ziehen.
33 jüdische Bewohnerinnen und Bewohner Marktbreits wurden aus Unterfranken deportiert, weitere aus anderen Städten in Deutschland (2), aus den Niederlanden (5), Frankreich (2), Belgien (1) und Polen (1). Zwei Menschen überlebten die Deportationen. Eine Frau beging aus Verzweiflung Suizid, eine weitere fiel den NS-Krankenmorden zu Opfer. Die Stadt Marktbreit hat also mindestens 44 Shoa-Opfer zu beklagen, darunter vier Kinder und Jugendliche.
Der DenkOrt mit dem Koffer in Marktbreit erinnert an die deportierten Jüdinnen und Juden der Stadt. Ein zweiter Koffer steht in Würzburg und bildet zusammen mit denen anderer Kommunen den “DenkOrt Deportationen” vor dem Hauptbahnhof. Siehe Grundinformationen zum “DenkOrt” und zu den Deportationen.
Standort des DenkOrts in Marktbreit: Bahnhofstraße
Ausführlichere Informationen zur jüdischen Gemeinde Marktbreit
Quellen zu den Gemeindeartikeln
© JSZ, Recherche und Text: Nathalie Jäger & Rotraud Ries
Shoaopfer, die 1933 in Marktbreit gelebt hatten
Alfred Benario (1899 – 1942)
Bella Benario, geb. Sichel (1875 – 1943)
Helene Blum (1887 – 1942)
Karola Bolley, geb. Blüthe (1908 – 1942)
Rosa Braun, geb. Pollack (1893 – 1943)
Kela Ettlinger (1920 – 1942)
Dina Frank, geb. Klein (1869 – 1944)
Esther Friedländer, geb. Oppenheimer (1909 – 1941/1942)
Hermann Friedmann (1892 – 1943)
Rosa Friedmann, geb. Cohn (1882 – 1942)
Ruth Friedmann (1924 – 1942)
Sigmund Friedmann (1924 – 1942)
Abraham Goldbach (1881 – 1942)
Klara Goldbach, geb. Blum (1889 – 1942)
Sofie Selma Grünebaum, geb. Heinemann (1893 – 1942)
Alfred Gunz (1881 – 1942)
Selma Kohn (1881 – 1942)
Frieda Lauber, geb. Adler (1882 – 1942)
Karl Lauber (1884 – 1942)
Marianne Lauber, geb. Auerbacher (1861 – 1942)
Susi Hanne/Hannelore Lauber (1925 – 1942)
Frieda Lehmann, geb. Schild (1877 – 1943)
Rosa Lehmann, geb. Ehrenberg (1889 – 1942)
Sigmund Lehmann (1869 – 1943)
Therese Levi (1887 – 1942)
Clara Oppenheimer, geb. Levi (1882 – 1942)
Samuel Oppenheimer (1916 – 1941/1942)
Therese Pollack (1857 – 1943)
Helene Reiß (1876 – 1942)
Joseph Bernhard Reiß (1870 – 1943)
Bernhard Rindsberg (1878 – 1942)
Paul Rindsberg (1921 – 1942)
Ida Rosenberg, geb. Lewkowitz (1881 – 1942)
Mendel Rosenberg (1880 – 1942)
Ruth Rosenberg (1923 – unbekannt)
Jenni Rothschild, geb. Goldschmidt (1897 – 1942)
Max Rothschild (1885 – 1942)
Betty Sänger (1902 – 1942)
Mina Sänger, geb. Israel (1877 – 1942)
Lisetta Sonn, geb. Löbenberg (1872 – 1943)
Malchen Tachauer, geb. Grünebaum (1887 – 1942)
Simon Tachauer (1881 – 1942)
Elsa Wisbrun, geb. Rosenfeld (1879 – 1944)
Jette Wolfrom (1880 – 1942)
Überlebende der Deportationen
Abraham Löb Oppenheimer (geb. 1914)
Clara Reiß (1872 – 1969)