Jüdische Gemeinde Oberlauringen, heute ein Ortsteil von Stadtlauringen

Bis zu 53 Mitglieder umfasste die Jüdische Gemeinde Oberlauringen im Jahr 1933. Dazu sind sechs unverheiratete Töchter aus zwei Familien gezählt, um die 20 Jahre alt, die mal in Oberlauringen, mal anderswo lebten und arbeiteten. Auch an sie soll hiermit erinnert werden. Zur jüdischen Gemeinde Oberlauringen gehörte auch eine Familie, die in Stadtlauringen wohnte (nicht mitgezählt).

Die ersten Belege für jüdische Ansiedlung in Oberlauringen reichen zurück in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. Wenig später werden drei Familien mit 15 Personen genannt. Gut hundert Jahre später sind es 32 Familien, 1817 28 Haushalte. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs die jüdische Gemeinde auf 172 Personen an und nahm seitdem langsam wieder ab. 1910 zählte man noch 97 Mitglieder, seitdem schrumpfte die Judenschaft deutlich.

Trotz Repressionen und Wirtschaftsboykotten verließen nur wenige Oberlauringer Jüdinnen und Juden vor dem Herbst 1938 ihren Wohnort. Eine Frau zog zu. Übergriffe, Einbrüche und politische Drohungen setzten die jüdische Gemeinde seit September 1938 unter Druck mit dem Ziel, sie zu vertreiben. Die Ausschreitungen im Novemberpogrom richteten sich gegen die Synagoge, deren Inneneinrichtung verwüstet, die Ritualien zerstört wurden. Ähnlich erging es den Privathäusern der jüdischen Familien. Alle Männer wurden verhaftet und ins Gefängnis nach Hofheim, später ins KZ Dachau gebracht.

17 Bürgerinnen und Bürger Oberlauringens konnten ins sichere Ausland fliehen, nach Bolivien (6),  Großbritannien (5, davon drei weiter in die USA), Norwegen (4, später nach Schweden) und in die USA (2). Die Niederlande, wohin fünf Personen direkt aus Oberlauringen zogen, erwiesen sich als Falle – keiner konnte hier überleben. Zehn Oberlauringer wechselten den Wohnsitz innerhalb Deutschlands, nach Wiesbaden (3), Mannheim (2), Frankfurt (2), Bad Homburg, München und Regensburg (je eine Person). Mindestens sieben Menschen starben eines natürlichen Todes.

14 jüdische Bürgerinnen und Bürger, die 1933 in Oberlauringen gelebt hatten, wurden aus Unterfranken deportiert – die meisten direkt aus Oberlauringen. Weitere neun Personen ereilte dieses Schicksal an ihren neuen Wohnorten in Deutschland und sechs in den Niederlanden. Eine Frau überlebte die Deportation nach Südfrankreich. Oberlauringen hat damit 28 Opfer der Shoa zu beklagen.

Dieser Artikel entstand im Rahmen des unterfränkischen Gedenkprojekts “DenkOrt Deportationen”. Siehe Grundinformationen zu den jüdischen Gemeinden und zum “DenkOrt”.

Ausführlichere Informationen zur jüdischen Gemeinde Oberlauringen mit Stadtlauringen
Quellen zu den Gemeindeartikeln

© Recherche und Text: Rotraud Ries, mit Unterstützung von Elisabeth Böhrer

Shoaopfer, die 1933 in Oberlauringen gelebt hatten

Frieda Adler, geb. Steinhäuser (1914 – 1942)
Esther Berney (1867 – 1942)
Charlotte Grünfeld, geb. Grünewald (1899 – 1942)
Josef Grünfeld (1898 – 1942)
Margot Bettina Grünfeld (1926 – 1942)
Karola Haas (1898 – 1942)
Betty Hirschberger (1908 – 1942)
Flora Hirschberger (1909 – 1943)
Hugo Hirschberger (1876 – 1942)
Ida Irma Hirschberger (1914 – 1942/45)
Jeanette Hirschberger, geb. Klein (1879 – 1942)
Jenny Katz, geb. Grünebaum (1892 – 1942)
Ludwig Katz (1920 – 1943)
Max Katz (1883 – 1942)
Hilde Rosenberger (1879 – 1941)
Hedwig Segen, geb. Brunngässer (1890 – 1942)
Karoline Segen (1882 – 1942)
Max Segen (1879 – 1942)
Moritz Segen (1883 – 1942)
Jakob Steinhäuser (1872 – 1943)
Mathilde Steinhäuser, geb. Fröhlich (1879 – 1943)
Selma Steinhäuser (1920 – 1943)
Emma Strauß, geb. Steinhäuser (1878 – 1942)
Flora Strauß (1879 – 1942)
Louis Strauß (1874 – 1942)
Berta Winheimer, geb. Segen (1879 – 1942)
Klara Wormser, geb. Adelsdorfer (1866 – 1942)
Selma Wormser (1897 – 1942)

Überlebende
Selma Rosenberger (geb. 1872)